Mensch-Sein inmitten der Geschichte  

 Karl Löwith und die Kritik der historischen Vernunft 

10.–12. Mai 2023, Katholische Akademie Berlin

Mensch-Sein inmitten der Geschichte  

Karl Löwith und die Kritik der historischen Vernunft

10.–12. Mai 2023

Die Arbeit an Epochenschwellen, insbesondere die Säkularisierung christlicher Heilserwartung  als Ursprung der Geschichtsphilosophie, war das Lebensthema von Karl Löwith. Nach 1945 aus dem Exil mit den Stationen Italien, Japan und USA zurückgekehrt, wurde er in Heidelberg zu einer prägenden intellektuellen Gestalt der frühen Bundesrepublik. 
Anlässlich seines 50. Todestages gilt es, an sein Werk und Wirken zwischen Judentum und Christentum, zwischen Antike und Moderne zu erinnern.

Karl Löwith war wie Hans Jonas, Hannah Arendt und Herbert Marcuse einer der Schüler und Kritiker Martin Heideggers, die als Juden während des Nationalsozialismus gezwungen waren zu emigrieren und deren Schriften zu den Umbrüchen der modernen europäischen Geistesgeschichte uns bis zum heutigen Tage beschäftigen.

Angesichts dieser biographischen Erfahrungen ist es umso erstaunlicher, dass in Karl Löwiths Werk eine Auseinandersetzung mit dem Thema “Juden und Judentum” nahezu nicht vorkommt. Im Gespräch mit Micha Brumlik und Eveline Goodman-Thau erkunden wir die Motive für dieses Schweigen.

Organisation

Prof. Dr. Dr. hc. Eveline Goodman-Thau, Hermann-Cohen-Akademie Buchen/Odenwald
Dr. Stephan Steiner, Katholische Akademie Berlin

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Mensch-Sein inmitten der Geschichte  
Karl Löwith und die Kritik der historischen Vernunft

Programm

Mittwoch, 10. Mai 2023

16:00Empfang
Begrüßung und Vorstellung der Veranstalter
Eveline Goodman-Thau & Stephan Steiner 

Eveline Goodman-Thau (Jerusalem) Weltgeschehen und Heilsgeschichte – Zum 50.Todestag von Karl Löwith
17:00Sektion I
Jeffrey A. Barash (Paris) „Wovon wird man nach uns leben?“
Zur politischen und religiösen Bedeutung von Karl Löwiths Auslegung des 19. Jahrhunderts für unsere Gegenwart
18:00Abendessen
19:00 Öffentliches Podiumsgespräch 
Christoph Henning (Erfurt), Wolfgang Fietkau (Bielefeld) & Eveline Goodman-Thau (Jerusalem)
Die Zeit ohne Eigenschaften. Von René König zu Karl Löwith und Jacob Taubes

Donnerstag, 11. Mai 2023

09:15     Sektion II
Harald Seubert
(Basel) Fluchtlinien aus (welcher) Geschichte? Paul Valérys Bedeutung für Löwiths spätes Denken
Wilhelm Schmidt-Biggemann (Berlin) Über „Weltgeschichte und Heilsgeschehen“ mit einem Blick auf Hans Blumenbergs „Die Legitimität der Neuzeit“
10:45Kaffeepause
11:15Sektion III
Inka Sauter
(Frankfurt/M.) „Weltgeschichte und Heilsgeschehen“ – Über Karl Löwith und Reinhart Koselleck
Felix Steilen (Leipzig) Geistesgeschichte als Frage nach dem Jenseits der Geschichte. Löwiths Epochendenken
12:45Mittagessen
14:00Sektion IV
Christian Bauer
(Saarbrücken) „Vorsicht ist die Mutter der Ewigkeit“. Karl Löwith und Günther Anders‘ Konzept von Mitgeschichtlichkeit im Zeitalter des Technizismus
Luca Di Blasi (Bern) Das Postsäkulare und das Anthropozän
15:30Kaffeepause
16:00Sektion V
Stefan Leicht
(München) Karl Löwith und Leo Strauss über Spinozas Religionskritik
Matthias Schloßberger (Frankfurt/Oder) Wohin führt der revolutionäre Bruch? Löwith über Ernst Jünger
18:00Abendessen
19:00 Öffentliches Podiumsgespräch 
Micha Brumlik (Berlin) & Eveline Goodman-Thau (Jerusalem) Karl Löwith über Juden und Judentum

Freitag, 12. Mai 2023

09:15Sektion VI
Bruno Godefroy
(Erlangen/Paris) Politik und Natur in der Postmoderne
Sandra Lehmann (Wien) Reaktionen auf die Verweltlichung der Heilserwartung: Löwith, Patočka, Weil
10:45Kaffeepause
11:15Podiumsgespräch zum Abschluss 
12:30Mittagessen; Ende des Kolloquiums

Participants

Jeffrey Andrew Barash

Jeffrey Andrew Barash is Emeritus Professor of Philosophy at the University of Amiens, France. He obtained his doctorate at the University of Chicago and his Habilitation à Diriger des Recherches en Philosophie at the University of Paris Ouest – Nanterre. His publications have focused on the themes of collective memory and its modern articulations, political philosophy, historicism and modern German thought. He is the author of several books: Heidegger et son siècle. Temps de l’Être, temps de l’histoire (Paris: Presses Universitaires de France, 1995), Martin Heidegger and the Problem of Historical Meaning (second, paperback edition, New York: Fordham University Press, 2003), Politiques de l’histoire. L’historicisme comme promesse et comme mythe (Paris: Presses Universitaires de France, 2004) and Collective Memory and the Historical Past, Chicago: University of Chicago Press, 2016, second paperback edition, 2020), and Shadows of Being: Encounters with Heidegger in Political Theory and Historical Reflection (Stuttgart: Ibidem Verlag, 2022). He has also edited the book The Social Construction of Reality. The Legacy of Ernst Cassirer (Chicago: University of Chicago Press, 2008). 

Christian Bauer 

Christian Bauer ist Professor für Designgeschichte und -theorie an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken. Veröffentlichungen: Schuldlos schuldig im Zeitalter technischer Fernwirkungen. Über die Generalisierbarkeit des Falles Eatherly, in: Behemoth. A Journal on Civilisation. Günther Anders aktuell, hg. von Christian Dries, Vol. 11, Nr. 1. https://ojs.ub.uni-freiburg.de/behemoth/article/view/979; mit Sebastian Baden und Daniel Hornuff (Hrsg.): Formen der Kulturkritik, Paderborn 2018.

Micha Brumlik

Micha Brumlik, born 1947, is a senior advisor at the Selma Stern Center for Jewish Studies Berlin/Brandenburg; he is emeritus professor at the Institute for Educational Sciences at the Johann Wolfgang Goethe University of Frankfurt am Main, from 2000 till 2005 he was head oft he Fritz-Bauer-Institute in Frankfurt am Main, an independent interdisciplinary research and education center on the history of the Holocaust and its impact; he was city councellor of the Green party from 1989-2001 in Frankfurt am Main; from 1997-1998 invited Paul lecture at the University of Indiana, Bloomington, he was fellow at the Cultural Studies Institute Essen; in 2013 he held a Harris distinguished visiting professorship at Dartmouth College; since 2013 he is senior professor at the Center for Jewish Studies Berlin/Brandenburg; in the summer term of 2016 he was visiting professor at the Franz Rosenzweig University Kassel, he was co-editor of „Blätter für deutsche und internationale Politik“, author and columnist at taz: „Gott und die Welt“, co-editor of „Jalta Positionen zur jüdischen Gegenwart“

Latest book publications: 2009; Entstehung des Christentums, Berlin 2010; ”Innerlich beschnittene Juden”, Publishing House: Konkret Literatur Verlag, 2012; Messianisches Licht und menschliche Würde. Politische Theorie aus den Quellen des Judentums, Baden-Baden 2013. „Wann, wenn nicht jetzt? Versuch über die Gegenwart des Judentums“ – Berlin 2015 ; mit Christina v. Braun (ed.), Handbuch Jüdische Studien, Wien- Köln-Weimar 2018; (ed.)  “Handbuch Jüdische Studien”, Berlin 2018 mit Christina v. Braun; Preußisch, konservativ, jüdisch: Hans-Joachim Schoeps’ Leben und Werk, Köln 2019: Hegels Juden, Berlin 2019; 100 Seiten: Antisemitismus, Ditzingen 2020; Postkolonialer Antisemitismus? Achille Mbembe, die palästinensische BDS Bewegung und andere Aufreger, Berlin 202

Luca Di Blasi

Luca Di Blasi is Associate Professor of Philosophy at the Theological Faculty of the University of Bern and Associate Member of the ICI Berlin. He is currently leading the project “Disagreement Between Religions. Epistemology of Religious Conflicts”. His theoretical main interests include philosophy of religion, modern continental philosophy, and political theology.

Main publications: Dezentrierungen. Beiträge zur Religion der Philosophie im 20. Jahrhundert (Vienna: Turia+Kant, 2018); Der weiße Mann. Ein Anti-Manifest (Bielefeld: transcript, 2013); Der Geist in der Revolte. Der Gnostizismus und seine Wiederkehr in der Postmoderne (Munich: Fink, 2002).

Bruno Godefroy

Bruno Godefroy ist promovierter Philosoph und Politikwissenschaftler. Er forscht im Bereich der politischen Philosophie, der Verfassungstheorie und der politischen Ideengeschichte. Zu seinen Schwerpunkten gehören Karl Löwiths Werk und dem zeitgenössischen Kontext. Letzte Veröffentlichungen: La Fin du sens de l’histoire. Eric Voegelin, Karl Löwith et la temporalité du politique (Classiques Garnier, Paris, 2021) ; „Karl Löwith’s Historicization of Historicism“, in Historicism: A Travelling Concept (Bloomsbury, London, 2021).

Wolfgang Fietkau

Wolfgang Fietkau ist Privatgelehrter in Bielefeld und Mülheim an der Ruhr. Dissertation über Baudelaire bei Peter Szondi. Lehrstuhlvertretungen für Germanistik an der Universität Duisburg, Dozent für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Uni Essen. 1982 Fellow am Wiko in Berlin. Forschungsprojekte über „Nationale Bilder und Europabewusstsein /Deutschlandbilder in Großbritannien“. Veröffentlichungen: Wissenschaftserkenntnis in der Analyse Robert Musils und Carl Schmitts (1983); Über Geist und Ungeist eines Systems: Metternich versus Napoleon. Eine Nachbetrachtung zur Frage: deutscher Nationalstaat oder Europa (1992).

Christoph Henning

Christoph Henning ist Philosophie Fellow am Max Weber Kolleg und Mitarbeiter am SFB 294 “Strukturwandel des Eigentums”. Er arbeitet derzeit zu Praktiken des Teilens und zur Ideologiekritik. Zahlreiche Veröffentlichungen zur politischen Philosophie und Kritischen Theorie, zuletzt etwa Theorien der Entfremdung (Junius 2020).

Sandra Lehmann

Sandra Lehmann ist derzeit Postdoc am Institut für Interkulturelle Religionsphilosophie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Nach mehreren Forschungs- und Lehraufenthalten an Universitäten in Österreich (Wien, Linz), der Tschechischen Republik (Prag, Olmütz), Israel (Jerusalem) und Spanien (Sevilla) war sie 2019 Vertretungsprofessorin für Wahrnehmungstheorie an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Zudem war sie 2019-2020 Gastprofessorin am Institut für Philosophie der Universität Kassel. Publikationen: „Ways of Self-Transcendence: On Sacrifice for Nothing and Hyperbolic Ontology”. Interdisciplinary Journal for Religion and Transformation, vol. 8(2022): 305-320; „Gebung vor der Gebung: Überlegungen zu einer spekulativen Figur“, in Faktum, Faktizität, Wirklichkeit: Phänomenologische Perspektiven, hg. von Inga Römer, Sergej Seitz, Georg Stenger (Phänomenologische Forschungen, Beihefte 5) (Hamburg: Meiner, 2023), 63-79.

Stefan Leicht

Stefan Leicht ist Doktorand an der LMU München in Philosophie zum Thema: „Natürliche Theologie und politische Philosophie bei Grotius und Locke“; Betreuer: Prof. Dr. Thomas Meyer, Prof. Dr. Günter Zöller. 2017 – 2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen im Graduiertenkolleg „Religiöses Wissen“. 2011 – 2016 Philosophiestudium an der LMU München (Master of Arts, Thema der Masterarbeit: „Das Verhältnis von Staat und Religion in Hegels Rechtsphilosophie“; Betreuer: Prof. Dr. Günter Zöller). Auslandsaufenthalte in Jerusalem (Visiting Research Fellow am Franz Rosenzweig Minerva Research Center) und in Venedig.

Inka Sauter

Inka Sauter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Nach dem Studium der Philosophie, Mathematik und Mittleren und Neueren Geschichte an der Universität Leipzig verfasste sie ihre Dissertation „Offenbarungsphilosophie und Geschichte. Über die jüdische Krise des Historismus“ am Leibniz Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow. Gefördert wurde sie dabei unter anderem durch das Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk. Anschließend forschte Inka Sauter am Franz Rosenzweig Minerva Research Center in Jerusalem und arbeitete im Projekt „Buber-Korrespondenzen Digital“ der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur an der Goethe-Universität. In ihrem aktuellen Projekt nimmt sie die Verdeutschung der Schrift von Martin Buber und Franz Rosenzweig im sprachgeschichtlichen Kontext in den Blick. 

Veröffentlichungen (exemplarisch): Offenbarungsphilosophie und Geschichte. Über die jüdische Krise des Historismus (Schriften des Dubnow-Instituts 33), Göttingen/Bristol, CT 2022; „Ein modernes Verdeutschungs-Unternehmen“. Über die historische Semantik der Buber-Rosenzweig-Bibel, in: Naharaim. Zeitschrift für deutsch-jüdische Literatur und Kulturgeschichte/Journal of German-Jewish Literature and Cultural History 15, 2 (2021), 243–267.

Wilhelm Schmidt-Biggemann

Harald Seubert

Harald Seubert, Prof. Dr. phil, geboren 1967, ist u.a. Schüler des Löwith-Schülers Manfred Riedel. Er lehrt nach Stationen in Halle/Saale, Poznan (Polen), München, Bamberg seit September 2012 als Ordentlicher Professor für Philosophie und Religionswissenschaft an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel, deren Prorektor er ist. Er ist seit 2016 Präsident der Internationalen Martin Heidegger-Gesellschaft und Gründungsmitglied der Ost-West-Akademie, sowie der Forschungsakademie Nos altros (mit Sitz in Nordfinnland). Er forscht u.a über Fragen von Religion und Philosophie, Politische Philosophie und Rechtsphilosophie, Ästhetik, Ethik als Erster Philosophie. 

Seit 2021 übernahm er den Helmut Seubert-Verlag und begründete die Edition Exaiphnes

Jüngste Buchpublikationen: Gemeinsam mit Kristina Schippling, Bewusstseinssprung im Raum von Selbst und Welt, Basel: Schwabe 2021; Gemeinsam mit Kristina Schippling, Zwischen Mann und Frau, Basel: Schwabe 2022; Philosophiegeschichte des 20. Jahrhunderts. Das Strahlen im Zeichen triumphalen Unheils, Nomos: Baden-Baden 202

Felix Steilen

Felix Steilen, Studium in Berlin und New York, Gastdoktorand in Chicago und Tel Aviv; Postdocs in Frankfurt und Berlin, daneben Lehre an der New York University und der University of Notre Dame. Seit letztem Jahr am Leibniz Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow mit einem Projekt zur Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Buch: Soziologie und Geschichte. Die Repräsentation historischer Wirklichkeit bei Emile Durkheim, Wallstein 2021 // Herausgeber: Karl Löwith. Welt, Geschichte und Deutung. Tel Aviver Jahrbuch für Deutsche Geschichte 2019



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